Essentialismus
Was ist Essentialismus?
Der Essentialismus, wie ihn der britische Autor Greg McKeown in seinem gleichnamigen Buch „Essentialism: The Disciplined Pursuit of Less“ (2014) beschreibt, ist kein philosophisches Konzept im klassischen Sinne, sondern ein pragmatischer Denkansatz für Klarheit, Entscheidungsstärke und Priorisierung. Im Zentrum steht die Idee, dass nicht alles gleich wichtig ist – und dass ein erfülltes, effektives Leben nur dann möglich ist, wenn man konsequent zwischen dem Wesentlichen und dem Unwesentlichen unterscheidet.
McKeowns Essentialismus versteht sich dabei als bewusste Gegenbewegung zum gesellschaftlich verbreiteten „Alles-ist-wichtig“-Denken, das in seiner Sicht zu Überforderung, Zerstreuung und Verlust von Wirksamkeit führt. Sein Credo „Weniger, aber besser“ (Less, but better) bringt das Ziel auf den Punkt: die disziplinierte Verfolgung weniger, aber dafür wirklich bedeutungsvoller Dinge.
Abgrenzung zum Essentialismus im allgemeinen Sprachgebrauch
Im allgemeinen Sprachgebrauch – und auch in philosophischen oder soziologischen Kontexten – hat „Essentialismus“ eine ganz andere Bedeutung. Hier bezeichnet der Begriff die Annahme, dass Menschen oder Dinge ein festes, unveränderliches „Wesen“ (Essenz) besitzen, das ihr Verhalten, ihre Fähigkeiten oder ihren gesellschaftlichen Platz bestimmt. In diesem Sinne ist Essentialismus oft kritisch konnotiert, etwa in Diskussionen über Geschlechterrollen („Frauen sind von Natur aus…“) oder kulturelle Identität.
McKeowns Essentialismus hat mit dieser Auffassung nichts gemein. Er verwendet den Begriff nicht im ontologischen oder identitätstheoretischen Sinn, sondern metaphorisch: Das „Essenzielle“ ist das, was wirklich zählt – nicht das, was einem Wesen zugeschrieben wird. Es geht also nicht um feststehende Wesensmerkmale, sondern um das Herausfiltern der relevanten Elemente aus einer Vielzahl an Möglichkeiten und Anforderungen. Seine Perspektive ist funktional, nicht substanztheoretisch.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten zum Minimalismus
Obwohl der Essentialismus nach McKeown und der Minimalismus viele gemeinsame Merkmale teilen, unterscheiden sie sich in ihrer Grundausrichtung und Zielsetzung.
Gemeinsamkeiten:
Beide Konzepte stehen für eine bewusste Reduktion von Überflüssigem.
Sowohl Minimalismus als auch Essentialismus fordern zur Auseinandersetzung mit persönlichen Werten, Zielen und Grenzen auf.
Beide verstehen „weniger“ nicht als Verlust, sondern als Voraussetzung für Qualität, Klarheit und Sinn.
Unterschiede:
Ausrichtung:
Minimalismus ist ein Lebensstil mit ethischem und ästhetischem Anspruch.
Essentialismus ist ein strategischer Denkansatz für Fokus und Priorisierung.
Ziel:
Minimalismus strebt nach innerer Klarheit, Einfachheit und Freiheit von Überfluss.
Essentialismus zielt auf Wirksamkeit, Konzentration auf das Wesentliche und klare Entscheidungen.Schwerpunkt:
Minimalismus richtet sich häufig auf Besitz, Konsum und äußere Reduktion.
Essentialismus konzentriert sich auf bewusste Auswahl und Bewertung von Aufgaben, Verpflichtungen und Zielen.Herkunft und Anwendung:
Minimalismus hat kulturelle, oft spirituelle Wurzeln.
Essentialismus stammt aus dem Produktivitäts- und Entscheidungsmanagement und ist methodisch geprägt.
Während Minimalismus oft mit einer ästhetischen oder spirituellen Dimension einhergeht – etwa in der Verbindung zu Achtsamkeit oder Entschleunigung –, ist Essentialismus bei McKeown ein kognitives und strategisches Denkmodell, das besonders im beruflichen, unternehmerischen oder gestalterischen Kontext Anklang findet. McKeown selbst formuliert den Essentialismus als eine bewusste Entscheidung gegen den Automatismus des „Mehr“ und für die Kraft des gezielten „Weniger“.
Minimalismus im Alltag?
Essentialismus ist wie ein innerer Kompass, der dir hilft, deine Energie gezielt und sinnvoll einzusetzen – statt dich ständig verzettelt, überfordert oder fremdgesteuert zu fühlen. Im Alltag heißt das: Du sagst nicht mehr automatisch Ja zu allem, was an dich herangetragen wird, sondern triffst bewusste Entscheidungen. Du fragst nicht: „Wie kann ich alles unterbringen?“, sondern: „Was ist wirklich wichtig – und was nicht?“
Essentialismus bedeutet, Prioritäten nicht nur zu setzen, sondern sie zu leben. Er ermutigt dich dazu, die vielen kleinen „Sollte ich vielleicht…“-Impulse durch klare „Ich entscheide mich für…“-Handlungen zu ersetzen.
Das kann im Alltag konkret heißen:
Weniger überfüllte To-do-Listen, mehr Fokus auf das, was wirklich Wirkung zeigt.
Klare Grenzen, ohne schlechtes Gewissen – weil du weißt, wofür du Ja sagst, wenn du Nein sagst.
Mehr mentale Ruhe, weil du nicht ständig zwischen Aufgaben, Menschen und Erwartungen hin- und herspringst.
Tiefe statt Streuung, weil du dich auf wenige, bedeutsame Dinge konzentrierst – sei es in Beziehungen, im Beruf oder in deiner persönlichen Entwicklung.
Essentialismus ist keine Technik, sondern eine Haltung. Sie verändert nicht nur, was du tust, sondern auch, wie du denkst – und schenkt dir damit mehr Klarheit, Selbstbestimmung und Zufriedenheit im ganz normalen Alltag.
Minimalismus lernen
Du möchtest herausfinden, wie dir Essentialismus helfen kann, klarer zu entscheiden, deine Energie gezielter einzusetzen und dich weniger zu verzetteln? In meinem Blog findest du Impulse, Erklärungen und Denkanstöße rund um das Prinzip „Weniger, aber besser“. Schau vorbei und entdecke, was wirklich zählt.